chronik
widerständige momente festgehalten
Browse: Home / Feuer an Funkturm gelegt

Feuer an Funkturm gelegt

By chronik on 19. Oktober 2023

Berlin, 19. Oktober 2023

Wir haben in der Nacht auf den 19. Oktober mehrere Brandsätze an den freiliegenden Kabelsträngen am Fuße des Funkturms in der Herzbergstraße in Berlin-Lichtenberg platziert. Die Absicht unseres Erscheinens haben wir auf einen Anhänger vor Ort gesprüht: Switch-Off

Mit Angriffen auf die Strukturen, die diese Welt des technologischen Albtraums aufrechterhalten, eröffnen sich Möglichkeiten, dem Instinkt der Rebellion freien Lauf zu lassen. Es sind weniger die Analysen und Theorien, geschweige denn Ideologien, die uns bewegen, sondern Wünsche und Sehnsüchte, u.a. nach etwas, was sogar wir als Anarchist*innen manchmal weglassen zu sagen, oder kleinreden, weil wir befürchten pathetisch zu klingen. Die Rede ist von der Freiheit. Unsere Individuelle und die unserer Mitmenschen, mit denen wir zusammen leben wollen. Wenn uns etwas daran hindert die Freiheit zu erleben, dann sind das heutzutage nicht nur materielle Bedingungen, Grenzen oder Fremdbestimmung, sondern auch die umfangreiche Smartifizierung des Lebens zugunsten von Technologien, die blutige Kriege um Ressourcen und Machtansprüche entfesseln, während sie Menschen paralysiert vor den Bildschirmen verharren lässt. All dies dient der Aufrechterhaltung der Herrschaft und der sozialen Ordnung, die etliche Nutznießer*innen hat. Wir haben aber in der selbigen Technologie, die uns knechten soll und die bisher das größte Werkzeug der Herrschenden ist, ihre Achillesverse gefunden und greifen sie gezielt an.

Manche Technologiekritiken können sehr trocken und technisch wirken. Dabei geht es oft um Analysen, die die Verbindungen, Abhängigkeiten und „Boshaftigkeiten“ gewisser Technologien zu verstehen geben wollen, um dadurch eine kritische Haltung gegenüber dieser Technologien zu erzeugen. „Sachlich“ und „faktenbasiert“ sollen andere Menschen angeregt werden, über ihr Konsumverhalten, ihre gesellschaftliche Position, ihre Privilegien und den eigenen Wohlstand, der auf der Ausbeutung von Menschen und Ressourcen fußt, nachzudenken. Das ist sicher nicht falsch, jedoch fokussiert sich diese Art von Kritik alleine auf den menschlichen Verstand, dessen Abwesenheit, vielen Technologiefetischist:innen vorgeworfen wird. Würde man losgelöst von der technologischen Doktrin „logisch“ und „rational“ denken, müsste der empathische Mensch im Umkehrschluss eigentlich darauf kommen, dass unsere Gesellschaft so nicht weiter existieren kann. Das Gegenteil ist jedoch der Fall.

Welchem revolutionären Vorhaben bringt es also etwas, wenn der einzelne Mensch sein Verhalten reflektiert, darüber stolz redet, aber aus der Passivität nicht ausbricht? Wenn aus Analysen und Gedanken keine praktischen Konsequenzen folgen? Keine Perspektive, die nach einer sozialen Revolution Ausschau hält, kann alleine mit „Sachlichkeit“ anfangen und aufhören.

Klar können die Kritiken den Verstand schärfen, ein Bewusstsein schaffen und fördern, aber wenn es nur darum geht die jeweiligen „Boshaftigkeiten“ zu erkennen, dann bleibt es ein eingegrenzter moralischer Diskurs, der zwischen guten und schlechten Ursachen und Verhalten unterscheidet. Diese Art von Kritik ist vieles, aber nicht revolutionär und spornt die Wenigsten an subversiv zu handeln. So ist es fraglich ob eine solch begrenzte Kritik überhaupt den*die Einzeln*en aufwiegeln kann, den eigenen und den Zustand der anderen zu verändern. Die Veränderung ist jedoch der ausschlaggebende Faktor, der zur Notwendigkeit wird, selbst wenn wir die Realität auch nur bruchstückhaft betrachten. Sinnlose Gewalt, sinnlose Kriege, die Vergiftung der Umwelt, die Gewalt gegenüber anderen Menschen. Um das zu verstehen braucht kein Mensch jahrelang in Büchern wälzen, oder sogar studieren.

Was bringt uns also dazu zu agieren? Wären es irgendwelche mehr oder weniger gut formulierten „sachliche“ und „vernünftige“ Theorien, würden wir wahrscheinlich schon längst in einer anderen Welt leben. Die Herrschenden nutzen die Abwesenheit von einer starken individuellen Überzeugung aus, die, wer noch daran glaubt, womöglich ein Klassenbewusstsein erzeugen kann. Es ist eben die Passivität des Individuums, die es der Herrschaft erlaubt ihre Macht beizubehalten. Wobei die Ausgebeuteten noch nie so sehr Mitwirkende an der eigenen Unterdrückung waren, wie es aktuell durch die digitalen Verführungen der Fall ist. Auch Teil der Geschichte ist aber, dass der Mensch seit dem er Unterdrückung erlebt, den Drang spürt sich instinktiv dagegen zu wehren. Niemand braucht eine ausgeklügelte Theorie um den Schmerz und die Wut zu empfinden den man bei Übergriffen und Erniedrigungen erlebt.

Wenn also „Sachlichkeit“ und „Fakten“ nichts oder nur wenig bewirken, was dann? Wenn wir grundlegend instinktiv handeln, dann helfen uns Analysen und Theorien recht wenig. Starke Gemütszuständen sind es. Dabei spielt Angst auch eine bedeutsame Rolle. Aus dem Blickwinkel der Herrschenden ist sie ein funktionaler und komplexer Vorgang um Menschen zu knechten, durch eine konkrete oder auch künstlich erschaffene Bedrohungssituation. Die Technologie wie sie gerade angewendet wird, zielt genau darauf ab den Menschen abhängig zu machen, indem sie ihn von seinen Ängsten und „Problemen“ zu erlösen verspricht. Wer abhängig ist, ist kontrollierbar. Können jedoch Instinkte kontrolliert werden? Vielleicht sind sie die einzigen Aspekte des Menschseins, die uns die Möglichkeit geben zu rebellieren um frei zu sein. Es sind also Empfindungen, Gefühle, auch Ängste, Wut und Liebe die uns im wahrsten Sinne des Wortes bewegen und das sollte nicht unterschätzt werden. Es ist der stille Schrei nach Freiheit der in uns manchmal aufkommt, der aber zu oft von der Vernunft gedämpft wird.

Für die Sabotage, für die ausgelassene Wildheit der Gefühle und Aktionen die daraus erfolgen!

Für die Anarchie!

Quelle: Kontrapolis (Tor)

Posted in Deutsch | Tagged Berlin

« Previous Next »
  • Deutsch (3.500)
  • English (266)
  • Español (54)
  • Français (178)
  • Italiano (917)
  • Video (70)

Städte

Berlin Leipzig Hamburg München Bremen Frankfurt am Main Dresden Stuttgart Wuppertal Göttingen Hannover Köln Kiel Hambacher Forst Freiburg Magdeburg Rostock Kassel Nürnberg Münster Dortmund Würzburg Halle Marburg Tübingen Lübeck Jena Karlsruhe Chemnitz Bonn Bielefeld Aachen Flensburg Erfurt Mannheim Essen Duisburg Neumünster Lüneburg Mainz Greifswald Bochum Potsdam Düsseldorf Weimar Gießen Osnabrück Ludwigsburg Darmstadt Heilbronn

April 2025
MoDiMiDoFrSaSo
 123456
78910111213
14151617181920
21222324252627
282930 
« Dez  
  • Dezember 2024
  • November 2024
  • Oktober 2024
  • September 2024
  • August 2024
  • Juli 2024
  • Juni 2024
  • Mai 2024
  • April 2024
  • März 2024
  • Februar 2024
  • Januar 2024
  • Dezember 2023
  • November 2023
  • Oktober 2023
  • September 2023
  • August 2023
  • Juli 2023
  • Juni 2023
  • Mai 2023
  • April 2023
  • März 2023
  • Februar 2023
  • Januar 2023
  • Dezember 2022
  • November 2022
  • Oktober 2022
  • September 2022
  • August 2022
  • Juli 2022
  • Juni 2022
  • Mai 2022
  • April 2022
  • März 2022
  • Februar 2022
  • Januar 2022
  • Dezember 2021
  • November 2021
  • Oktober 2021
  • September 2021
  • August 2021
  • Juli 2021
  • Juni 2021
  • Mai 2021
  • April 2021
  • März 2021
  • Februar 2021
  • Januar 2021
  • Dezember 2020
  • November 2020
  • Oktober 2020
  • September 2020
  • August 2020
  • Juli 2020
  • Juni 2020
  • Mai 2020
  • April 2020
  • März 2020
  • Februar 2020
  • Januar 2020
  • Dezember 2019
  • November 2019
  • Oktober 2019
  • September 2019
  • August 2019
  • Juli 2019
  • Juni 2019
  • Mai 2019
  • April 2019
  • März 2019
  • Februar 2019
  • Januar 2019
  • Dezember 2018
  • November 2018
  • Oktober 2018
  • September 2018
  • August 2018
  • Juli 2018
  • Juni 2018
  • Mai 2018
  • April 2018
  • März 2018
  • Februar 2018
  • Januar 2018
  • Dezember 2017
  • November 2017
  • Oktober 2017
  • September 2017
  • August 2017
  • Juli 2017
  • Juni 2017
  • Mai 2017
  • April 2017
  • März 2017
  • Februar 2017
  • Januar 2017
  • Dezember 2016
  • November 2016
  • Oktober 2016
  • September 2016
  • August 2016
  • Juli 2016
  • Juni 2016
  • Mai 2016
  • April 2016
  • März 2016
  • Februar 2016
  • Januar 2016
  • Dezember 2015
  • November 2015
  • Oktober 2015
  • September 2015
  • August 2015
  • Juli 2015
  • Juni 2015
  • Mai 2015
  • April 2015
  • März 2015
  • Februar 2015
  • Januar 2015