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Farbe, Steine und Feuer gegen Amazon

By chronik on 1. Februar 2019

Berlin, 1. Februar 2019

Mit Angriffen gegen den Amazon-Fuhrpark, einem Angriff auf das Amazon Development Center Germany in Berlin-Mitte und einer Drohgebärde gegen dessen Chef Ralf Herbrich in Falkensee, Brandenburg, in den vergangenen Nächten wollen wir ein weiteres Zeichen setzen und uns in die bestehenden Kämpfe einreihen.

Wir grüßen hiermit die Protestierenden am wohl zukünftigen Standort des Amazon Headquaters 2 in Queens, New York, wo sich Amazon nach einem krassen Städtewettbewerb Ende letzten Jahres für West Queens entschieden hatte, nachdem der Staat dem Konzern $2.8 Milliarden Steuererleichterungen zugesichert hatte.
Solidarische Grüße auch an alle Anderen die sich gegen den Technologischen Angriff verteidigen! So also auch an die Arbeiter*innen, die direkt oder indirekt für den Konzern tätig sind und die in den letzten Jahren vielerorts (bummel-)streikten, Werkstore blockierten und demonstrierten.

Arbeit im disruptiven Kapitalismus
Die miserablen Arbeitsbedingungen und Amazons „Innovationen“ auf dem Gebiet der prekären Arbeitsverhältnisse sind bekannt. In den Logistikzentren, vom Konzern Fullfillment-Center genannt, gibt es permanente Kontrolle und „Optimierung“ der Abläufe. Von der Überwachung der Handscanner bis zur gegenseitigen Bewertung und dem bewussten Ignorieren von Sicherheitsstandards lastet auf den Arbeiter*innen ein enormer Druck. So lohnt es sich oft nicht mal in den Pausenzeiten den Weg zum Pausenraum zurückzulegen und Pausen zu verlängern kommt für Picker*innen und Packer*innen meist auch nicht in Frage. Jeder Handgriff und jeder Schritt im Lager wird haargenau überwacht.
Auch die meisten der 200 000 Paketzusteller*innen in Deutschland arbeiten unter miesen Bedingungen für diverse (Sub-)Unternehmen mehr oder weniger indirekt, aber auf jeden Fall sehr flexibel, für Amazon. Amazon Flex, heißt die App, mit der man sich als Scheinselbstständige*r den hoffentlich nächsten Lieferauftrag ans Land zieht. Die Route zur Zieladresse wird dann vorgegeben.
Bei Amazon Mechanical Turk, der ersten Klickworking Plattform, wurden sämtliche Arbeitsrechte umgangen. Auf der Plattform werden sogenannte Mikroaufgaben à z.B. 10 Cent vergeben. Beim stupiden Aussortieren unangemessener Inhalte oder beim Produktbewertungen schreiben werden dann Screenshots und Arbeitstempo aufgenommen.

(Arbeits-)kampf gegen die vierte Industrielle Revolution
Die Gewerkschaft ver.di führt derweil für die 14 000 Arbeiter*innen aus 12 Logistikzentren einen bisher erfolglosen Tarifstreit.
Trotz „Union-Busting“, immensen Organisierungshindernissen und hoher Fluktuation der Belegschaft in den Lagern haben am Schnäppchentag „Black Friday“ 2017, nach ver.di Angaben, ca. 10% der Arbeiter*innen an sieben deutschen Lagerstandorten und jeweils an einem in Italien und Polen einen Streik organisiert. Dazu haben solidarische Leute und Gruppe versucht das Amazon-Prime-Logistikzentrum am Kurfürstendamm in der Berliner Innenstadt zeitgleich zu blockieren, leider ohne nennenswerte Verzögerungen zu verursachen.
Ralf Kleber, Amazon-Deutschland Chef, behauptete mal: „Wenn Glatteis ist, juckt uns das weit mehr, als wenn ver.di zum Arbeitskampf aufruft“.
Er hatte Recht, doch wieso können (lokale) Streiks nicht mehr den gewünschten Druck ausüben? Die Automatisierung der Lastenverteilung zwischen den Warenlagern über Landesgrenzen hinaus ermöglicht es Unterbrechungen, wie z.B. durch Streiks, so weit aufzufangen, dass die Lieferzeiten wie gewünscht sehr kurz gehalten werden und in der Öffentlichkeit jede Auswirkung des Streiks fast unsichtbar bleibt. Das Stören des reibungslosen Betriebs wird hier durch „intelligente“ Algorithmen erschwert bis unmöglich gemacht. Amazon ist Vorreiter auf dem Feld dieser Automatisierung, welche hier einen direkten Angriff auf die Arbeiter*innen und ihre Möglichkeiten des regulierten Arbeitskampfes darstellt. Doch trotz und gerade wegen dieser besorgniserregenden Entwicklungen ist es wichtig die Initiative zu ergreifen. Dass bisherige Streiks solchen Konzernen keinen ernstzunehmenden Schaden zugefügt haben, macht sie nicht überflüssig. Es zeigt eher, dass es notwendig ist mit größerer Vehemenz und „radikaleren“ Mitteln zu kämpfen, das könnte beispielsweise mehr direkte Aktionen heißen, wilde internationale Streiks und dafür eine internationale Vernetzung weiter voranzubringen. Sabotage und militante Interventionen (von außen) oder die Idee eines europäischen Generalstreiks wie es die Spanischen Genoss*innen vorschlagen (https://makeamazonpay.org/2018/05/17/675/) könnten da genauso andocken, wie Ideen für die Sabotage an den Algorithmen bzw. an dem Internet of Things durch falsch einsortierte Pakete oder ähnliches. Eine Kombination aus traditionellen und neuen Mitteln gegen die neue digitalisierte Arbeitswelt ist wahrscheinlich am vielversprechendsten im (Arbeits-)Kampf gegen ein disruptives Technologie-Unternehmen wie Amazon.

Die Amazonisierung der Welt
Amazon und Co stehen nicht nur für eine smarte Welt der Leiharbeit und Dienstleistungsgesellschaft in der immer mehr vormals dem Staat vorbehaltene Aufgaben von Konzernen übernommen werden, sie sind viel mehr.
Zum Einen ist Amazon natürlich ein Online-Marktplatz auf dem Amazon der größte Händler sowie auch dessen Besitzer ist und dann Produkte, die sich gut verkaufen, selber herstellt. Ein cleverer Teil der Strategie vom ehemaligen Banker Jeff Bezos, der schon seit Anfang der 90er jeglichen Gewinn wieder ins Unternehmen steckte, somit Steuerabgaben vermied, auch in Krisenzeiten das Vertrauen an den Börsen weiterhin behielt und eine Umsatzsteigerung von 1,3 Milliarden in 2000 auf 48,7 Milliarden in 2017 allein im Onlinehandel erreichte.
Zum Andern ist Amazon im besonderen auch ein Kontrolleur und Alleswisser.
Es gehört zum Geschäftsmodell ausgewertete Daten von hunderten Millionen User-Profilen dafür zu nutzen Menschen (Produkt-)Wünsche zu implantieren und somit ein Stück weit das Denken zu bestimmen. Gemäß dem Prinzip: analysieren was du machst damit du dann das machst was du machst.

Berlin will sie haben!
Senat und Bundesregierung geht es darum, den Wirtschaftsstandort Deutschland auf dem Feld der Forschung zur Künstlicher Intelligenz (KI) konkurrenzfähig zu machen – natürlich mit dem Adjektiv ethisch vor KI. Dazu gehören Pläne des deutschen Forschungszentrums für KI für einen unternehmensübergreifenden KI-Campus in Berlin, um die Stadt zu einem „weltweiten Hub für KI“ zu machen. Seit kurzem gibt es u.a. ein KI-Zentrum von Rolls-Royce in Dahlewitz und auch im neuen Google-Standort Tucholskystraße soll ein Zentrum für KI gebildet werden.
Die grünen Wirtschaftssenatorin Ramona Pop schwatzt von einem „einzigartigen Innovations-Ökosystem“ aus universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen. Dafür sollen vom Staat weitere Milliarden an Fördergeldern locker gemacht werden, damit Deutschland in diesem Konkurrenzlauf nicht den Anschluss verpasst.
In der Krausenstraße, einer Parallelstraße der Leipziger Straße, gibt es auch so eine außeruniversitäre Forschungseinrichtung. Das Amazon Development Center Germany an dem rund 500 Programmierer*innen schwerpunktmäßig an KI/maschinellem Lernen forschen, künstlichen neuronalen Netzen die so was wie Erfahrungswissen haben. Man kann auch von mit Massendaten gefütterten KI-Algorithmen sprechen. Denkende oder gar mit Bewusstsein ausgestattete Künstliche Intelligenz ist das aber zum Glück nicht.
Genauer wird dort der Kunden-die-sich-für-dieses-Produkt-interessierten-kauften-auch-Algorithmus und die KI für den Sprachassistenten Alexa, die weltweit von allen Nutzer*innen ständig unbezahlt weiter trainiert wird, betreut.
Auch wird, wie oben beschrieben, das Logistiksystem weiter gegen Störungen immunisiert.
“Amazon arbeitet mit Algorithmen, die bei der Prognose für zukünftige Nachfragen helfen“, so würden auch Lagerbestand und die Personalausstattung gesteuert, wird Ralf Herbrich in einem Interview zietiert. Wer aus der Reservearmee der Überflüssigen dann nach welchen Berwerber*innen-Eigenschaften eingestellt wird, wird dann selbstverständlich auch (sexistisch) von einem von Amazon entwickeltem Algorithmus geklärt.

Intelligenter Kapitalismus
Die Forschung an KI und das Vorantreiben und Vermarkten von Alexa zielt auch auf verbliebene, bisher private, Lebensbereiche ab. Autos oder Lautsprecher, die nicht ständig zuhören und keine eingebaute Spracherkennung haben, dürften schon in ein paar Jahren rar sein. Der Alltag der Nutzer*innen solcher Sprachsteuerungen wird schon heute vermessen und die Eingaben auf unbestimmte Zeit gespeichert. Wer im Internet auf kleinen Bildern Straßenschilder oder Fahrzeuge identifizieren soll (sogenannte „Captchas“), trainiert KI für selbstfahrende Autos von Google.
Von welchem der Tech-Giganten diese Technologie auch immer vorangetrieben wird, im Kapitalismus sind die Vorzeichen klar: So wird die Leistung der trainierten Software schon jetzt an alle zahlende Kunden verkauft. Amazon bewirbt hier unter anderem die Zusammenarbeit mit dem US-Department of Defense, dem neben Software zur Gesichts- und Gegenstandserkennung auch unter der Marke Amazon-Web-Services Rechenkapazität und Speicher verkauft werden.
Dabei wird KI in den bestehenden Verhältnissen immer auch zur Unterdrückung des Widerstandes genutzt. Der Einsatz von Gesichtserkennungssoftware nach den Ausschreitungen beim G20 in Hamburg ist dabei wahrscheinlich nur ein Vorgeschmack.
Zukünftig droht eine von wenigen Konzernen gestaltete und gesteuerte Welt, denn wer einmal mit Hilfe unzähliger Sensoren in der Lage ist, jeden Winkel der Erde zu vermessen und jede Bewegung zu analysiert hat, hat auch die Macht die weitere Entwicklung der Gesamtgesellschaft zu beeinflussen.

Bei allen Ohnmachtsgefühlen bleibt klar, dass militante Aktionen weiterhin funktionieren werden, auch wenn die neuen Technologien es schwieriger machen. Es verkleinern sich die Spielräume. Diejenigen, die dies vorantreiben, wie Ralf Herbrich, können sich nicht der Mitverantwortung für Ausbeutung, Unterdrückung sowie totaler Kontrolle und Überwachung entziehen. Die Farbe an seinem Wohnhaus an der Fontaneallee in Falkensee soll ihn daran erinnern.

Lasst uns dafür Streiten, die Zukunft offen zu halten!

Checkt capulcu.blackblogs.org!

Wenn wir hier nicht gewinnen, dann treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt.

Quelle: Indymedia

 

 

 

Der Digitalkonzern Amazon ist diese Woche zum Ziel mehrerer militanter Aktionen geworden. In der Nacht zum Freitag brannten in den Stadtteilen Gesundbrunnen und Karlshorst mehrere Lieferwagen des Onlinehändlers ab.

Laut Polizei habe ein Zeuge um zwei Uhr nachts Flammen in einem Fahrzeug in der Karlshorster Wallensteinstraße bemerkt, die auch auf einen zweiten Lieferwagen übergriffen. Gegen 2.30 Uhr habe eine andere Zeugin Flammen in einem Transporter in der Eulerstraße in Gesundbrunnen gesehen, hieß es. Beide Zeugen hatten laut Polizei nicht gesehen, was die Brände ausgelöst hatte. Da die Brandanschläge politisch motiviert sein könnten, ermittelt der Staatsschutz der Polizei.

Schon in der Nacht zuvor hatte es eine militante Aktion gegen Amazon gegeben. Am Donnerstagmorgen warfen mindestens drei Vermummte die Scheiben des Amazon-Büros in der Krausenstraße in Mitte mit Pflastersteinen ein und beschädigten die Fassade mit Farbe.

In einem am Freitagmittag auf der linken Internetplattform Indymedia veröffentlichten Bekennerschreiben teilen die offenbar für die Angriffe Verantwortlichen mit, man habe auch den Chef des Amazon Development Center Germany »bedroht«. In dem Schreiben solidarisieren sich die Angreifer mit den Protesten gegen Amazon in New York. Außerdem kritisierten die Verfasser die Arbeitsbedingungen bei dem Onlinehändler und das Sammeln von Kundendaten.

In den Amazon-Warenlagern in Deutschland versucht die Gewerkschaft ver.di bisher vergeblich mit Streiks höhere Löhne für die nicht nach Einzelhandelstarif, sondern nach den Regeln für die Logistikbranche bezahlten Amazon-Mitarbeitern durchzusetzen.

Neben Amazon traf es außerdem in der Nacht zum Freitag auch die brasilianische Botschaft in Berlin-Mitte. Laut dem dortigen Sicherheitsdienst hätten mindestens vier Menschen gegen ein Uhr morgens Farbbeutel und Gegenstände gegen die Fassade des Gebäudes in der Wallstraße geworfen.

Das teilte die Polizei am Freitag mit. Demnach wurden dabei 16 Fenster zerstört. Auch in diesem Fall übernahm der Staatsschutz die Ermittlungen, weil es sich um eine politisch motivierte Tat handeln könnte. Es werde auch geprüft, ob es einen Zusammenhang zu dem Angriff auf das Amazonbüro in der Krausenstraße gebe, hieß es.

Quelle: Neues Deutschland

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