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Steine und Farbe gegen Chinese Ocean Shipping Company (COSCO)

By chronik on 7. September 2016

Hamburg, 7. September 2016

Wir haben am 7. September 2016, in dem Monat, in dem der China Summit in Hamburg und der G20 Gipfel in Hangzhou stattfinden, die Europazentrale der Chinese Ocean Shipping Company (COSCO) in der Hamburger Neustadt (Herrengraben 74) mit Rauch, Steinen und Farbe angegriffen.

„SEHT HER GRIECHEN, SO GEHT WIRTSCHAFT HEUTE“

(Focus Überschrift zu dem COSCO-Deal 2009 und den Arbeitsbedingungen im Hafen)

COSCO ist die relevanteste Reederei Chinas und viertgrößte Containerreederei der Welt. 2016 hat COSCO 67 % der Hafengesellschaft von Piräus für 368,5 Mio Euro vom griechischen Privatisierungsfonds gekauft. Piräus ist die Nummer 1 der Passagierhäfen in Europa und einer der führenden europäischen Frachthäfen. Bereits 2009 hat COSCO Teile des Hafens für einen Zeitraum von 35 Jahren für eine jährliche Gebühr von 100 Mio Euro gepachtet.

Der Deal bescherte COSCO großzügige Steuererleichterungen und befreite die chinesische Reederei weitgehend von Sozialabgaben für die Hafenarbeiter_innen. COSCO ersetzte Festangestellte durch Zeitarbeiter_innen ohne Tarifverträge, kürzte die Rentenansprüche, führte unbezahlte Überstunden ein und lockerte Arbeitsschutzrichtlinien. COSCO Angestellte verfügen über weniger als die Hälfte des Einkommens, welches ihre Kolleg_innen bekamen, die bei der städtischen Hafengesellschaft OKP beschäftigt waren. Gegen die Privatisierung gibt es breiten Widerstand: Die Streiks und Proteste der Hafenarbeiter_innen in Athen und Thessaloniki, aber auch den Flughäfen auf den Urlaubsinseln, ziehen sich durch den ganzen Sommer.

Mit dem Kauf des Hafens von Piräus verschafft sich China einen Zugang zu den europäischen Märkten. Viele Computerhersteller (Hewlett-Packard, ZTE, Huawei, Sony) verschiffen bereits ihre in China hergestellten Produkte nach Griechenland. Großes Interesse gilt dabei der Weiterverarbeitung chinesischer Produkte in Europa, damit diese ein Zertifikat der Europäischen Union erhalten.

Mittlerweile besteht ein dichtes Netz von chinesischen Hafenbeteiligungen im gesamten Mittelmeerraum: Anteile der italienischen Häfen von Genua und Neapel, der Häfen von Alexandria und Said in Ägypten, Hafenanlagen in Haifa und Ashdod, wie im türkischen Kumport und im algerischen Cherdell gingen in chinesischen Besitz über. Diese Einkaufsoffensive ist Teil der 2013 von der chinesischen Staatsführung vorgestellten Strategie einer neuen Seidenstraße: „one belt one road“.

DAS TROIKA DIKTAT UND DIE ROLLE DEUTSCHLANDS

Der Verkauf des Hafens von Piräus ist nur eins von vielen Beispielen für die Privatisierungsmaßnahmen in Griechenland. Verscherbelt werden Gas- und Stromversorgung (noch in diesem Jahr soll der griechische Erdgasfernnetzbetreiber DESFA verkauft werden), Post, Wasserwerke und Autobahnen, Häfen und Flughäfen, aber auch Thermalquellen, Inseln, Strände und Immobilien. Ganz im Sinne der Auflagen, die das Land im Gegenzug für die Kredite der Troika (bestehend aus EZB, EU-Kommission und IWF) erfüllen muss. Durch den Verkauf von Staatseigentum an private Investor_innen aus aller Welt soll Athen 50 Mrd Euro einnehmen. Erzielt wurden seit 2011 jedoch nur 3,5 Mrd Euro.

Profiteure dieses Ausverkaufs sind nicht zuletzt deutsche Firmen: So buhlt die Münchener Gesellschaft Deutsche Invest Equity Partners GmbH um das Hafenunternehmen OLTH und Siemens bewirbt sich um den griechischen Strombetrieb.

Die ehemals staatliche Telefongesellschaft Griechenlands, OTE, ist mittlerweile zu 40 % im Besitz der deutschen Telekom. Die Übertragung von weiteren staatlichen Anteilen an die Telekom soll eine der Bedingungen für die Auszahlung der Kredite gewesen sein. Über 3300 Stellen hat die Telekom in dem Unternehmen bereits gestrichen. Ein solcher Arbeitsplatzabbau droht auch den anderen öffentlichen Einrichtungen, die privatisiert werden.

Ein großer Gewinner der Privatisierung in Griechenland ist die Frankfurter FRAPORT. Für 1,2 Mrd Euro hat FRAPORT die 14 profitabelsten Flughäfen für die Dauer von 40 Jahren gepachtet. Umfangreiche Subventionen, Transferleistungen und staatliche Garantien wurden von Seiten des griechischen Privatisierungsfonds ebenso zugesichert, wie ein Verzicht auf Immobilien und Gemeindesteuern. Vermutlich werden die Haupteigner der FRAPORT (das Bundesland Hessen, die Stadt Frankfurt und die Lufthansa) Gewinne in zweistelliger Milliardenhöhe in den nächsten Jahrzehnten einstreichen.

Der ursprüngliche Plan, eine Mischung aus profitablen und defizitären Flughäfen abzustoßen, war kurz zuvor verworfen worden. Sehr wahrscheinlich eine Initiative der deutschen Regierung innerhalb der Troika, zumal die Lufthansa Consulting GmbH (Tochter des mit 8 % an FRAPORT beteiligten Lufthansa Unternehmens) bei dem Deal die Beratung übernommen hatte.

Während deutsche Firmen sich in Griechenland die Sahnestücke sichern, wird in der deutschen Presse gegen „die Griech_innen“ gehetzt, mit Bezichtigungen wie „faul“ oder „auf unsere Kosten“ soll das Spardiktat legitimiert und eine solidarische Bezugnahme verhindert werden. Dabei ist Deutschland eine der treibenden Kräfte hinter der Austeritätspolitik der EU, die Griechenland aufgezwungen wird. Eine Anmaßung sondergleichen, wenn man bedenkt, dass bisher keinerlei Entschädigung für die deutschen Kriegsverbrechen in Griechenland gezahlt wurden.

SOZIALABBAU IM ZEICHEN DER TROIKA

Neben der Privatisierung von öffentlichen Einrichtungen treibt das Spardiktat der Troika den Sozialabbau voran: Staatliche Leistungen werden gekürzt oder ganz gestrichen, Ausgaben für den Bildungssektor gesenkt und Steuern erhöht.

Die strenge Sparpolitik Griechenlands hat verheerende Auswirkungen auf die medizinische Versorgung der dort lebenden Menschen. Dabei wirkt sie sich hauptsächlich auf die sozial Schwächeren aus. 30 % der Griech_innen leben mittlerweile am Rande oder unterhalb der Armutsgrenze, viele sind obdachlos.

Mit knapp 27 % (2008 waren es 7,4 %) ist die Arbeitslosenquote die höchste der EU, für Jugendliche lag sie 2014 bei 51 %. Arbeitslosengeld von maximal 360 Euro gibt es nur für ein Jahr, anschließend fällt auch die Krankenversicherung weg. Mittlerweile hat jede_r dritte Griech_in keine Krankenversicherung. Und jene, die noch versichert sind, bekommen Medikamente, wenn diese überhaupt noch zu bekommen sind, nur bei Vorauszahlung. Viele Menschen haben weder fürs Krankenhaus noch für Medikamente das Geld. Zudem sind die meisten Krankenhäuser geschlossen. Insbesondere chronisch Kranke, HIV-positive und Krebspatient_innen sind gefährdet. Die Suizidrate im Land hat sich verdoppelt, die Neugeborenensterblichkeit liegt bei 43 %!

An dieser humanitären Katastrophe ist die deutsche Bundesregierung ebenfalls maßgeblich beteiligt. So hat das Bundesministerium für Gesundheit im April 2012 die Federführung zum Umbau des griechischen Gesundheitssystems übernommen.

CHINA MEETS EUROPE IN HAMBURG

In Zweijahresintervallen wird in Hamburg der hochrangige deutsch chinesische Wirtschaftsgipfel mit dem Namen „Hamburg Summit: China meets Europe“ veranstaltet. In diesem Jahr findet das mittlerweile 7. von der Handelskammer durchgeführte Treffen vom 14. – 16.9. statt. Die zentralen Themen sind Internationalisierung und Digitalisierung. China ist einer der entscheidenden Handelspartner Deutschlands und wichtigster Spieler im Hamburger Hafen. Über die Hälfte des deutschen Außenhandels mit China wird hier abgewickelt. Für einen Großteil chinesischen Exporte ist der Hamburger Hafen Transitstation und Verteilzentrum für den Weitertransport innerhalb Europas, aber auch nach Russland. Über 550 chinesischen Firmen haben eine Niederlassung in Hamburg. Somit ist es nicht verwunderlich, dass hochrangige Vertreter_innen Deutschlands, Chinas, der EU, der EZB und aus der Wirtschaft hier zusammenkommen, um über die kommenden Projekte und Gewinnmöglichkeiten zu beraten.

IN HAMBURG SAGT MAN TSCHÜS

Wir laden alle militanten Gruppen, Gefährt_innen, Chaot_innen und Troublemaker am 7. und 8. Juli 2017 nach Hamburg ein. Dort kommen die Vertreter_innen der 19 mächtigsten Nationen und der EU zusammen und beraten über die Zukunft der Erde. Dieses Treffen wird viele Teile der Stadt in einen Ausnahmezustand versetzen. Der Senat und die Lenker_innen der Hansestadt versprechen sich von diesem Ereignis „enorme Strahlkraft“ und in die Riege der Weltmetropolen aufzurücken: Nie mehr zweite Liga. Wenn sie sich da nicht verrechnet haben … Denn die unkalkulierbare Größe des militanten Widerstandes und motivierter Aufständischer könnte ihnen einen Strich durch die Rechnung machen. Nach dem Platzen der Olympiaträume könnte das Ansehen Hamburgs sich im wahrsten Sinne des Wortes in Rauch auflösen. Und wer weiß, ob die Einweihung des Milliardengrabes Elbphilharmonie zu einem würdigen Ereignis wird?

Der Senat möchte, dass der Hamburger G20 Gipfel ein Signal für eine gerechte Gestaltung der Globalisierung aussendet. Uns würde da so einiges einfallen, z.B. die Sozialisierung der Vermögen der über 1500 Dollarmilliardär_innen aus den G20 Staaten, angefangen mit den superreichen Hamburgs, den Ottos, Herz, Kühnes …, die sehr gut an der Globalisierung verdient haben.

Wir ermuntern alle dazu, schon ab sofort subversive Taten mit G20 Bezug zu starten. Als gemeinsames Motto können wir uns vorstellen: „In Hamburg sagt man Tschüs!“.

Lasst uns alles auf dem Müllhaufen der Geschichte werfen, was einer revolutionären Utopie im Wege steht.

Hamburg (Germany)

Quelle: Linksunten

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