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Trafostation auf Baustelle angezündet

By chronik on 6. Juli 2020

Berlin, 6. Juli 2020

Wir haben in der Nacht auf Montag den 6. Juli in der Prinzenstraße in Kreuzberg mittels Brandsätzen eine Trafostation angezündet um so die Stromzufuhr für die dortigen Baustellen der Pandion AG zu kappen.

„Alle 20 Stunden wird hier ein StartUp gegründet. Tausende Arbeitsplätze entstehen und mit ihnen jeden Tag ein Stück Zukunft. […] Mittendrin: Kreuzberg, die kreative Zentrale Berlins, ein Magnet für kluge und kreative Köpfe aus der ganzen Welt. Rund um den Moritzplatz brummt die Digitalindustrie, sprudeln Ideen und entstehen Erfolgsgeschichten. […] Heute trifft sich hier die internationale Business-Avantgarde.“ (Pandion AG)

Für all jene die hier bereits gekündigt, geräumt, ihrer Existenzgrundlage beraubt und ihrem soziale Umfeld entrissen wurden, oder die Monat für Monat von der Sorge geplagt werden wie sie die nächste Mieterhöhung stemmen sollen, klingen diese Worte welche die Bauprojekte der Pandion AG am Moritzplatz bewerben wie Spott und Hohn. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist das den Planer*innen solcher Projekte aber auch scheiß egal. Schließlich sind sie ohnehin nur ein Rädchen in einem System das der Logik des Kapitals folgend nach Wachstum und Profit strebt und denken als einzelne keine Verantwortung zu tragen. Sicher sind sie auch überzeugt davon, dass sie es sich hart verdient haben auf der Gewinner*innenseite zu stehen. Denn wie heißt es so schön: jeder ist seines Glückes Schmied. Das die Ausgangsbedingungen und Möglichkeiten dabei sehr ungleich verteilt sind, interessiert die smarte Elite nicht. Und dass da, wo auf der einen Seite „Erfolgsgeschichten“ geschrieben werden, am anderen Ende individuelle Schicksale die von Armut, Ausschluss und Vereinzelung gekennzeichnet sind, zurück bleiben, ist dann höchstens ein kleiner Schönheitsfehler der den strahlenden Glasfassaden der neuen digitalen Welt wohl kaum den Glanz rauben wird.

Wir werden jedoch niemals bereit sein, mit einer solchen Sicht auf die Dinge unseren Frieden zu schließen. Auch wenn der Blick aus dem Fenster einen fast erschlägt. Die Stadt der Reichen ist allgegenwärtig und droht Stück für Stück auch noch die letzten menschlichen Zuckungen, die sichtbar sind, unter dem Beton des Fortschritts zu begraben. Aber weil uns Ignoranz und Konkurrenz, Karriere und das Rennen im Hamsterrad als keine vernünftige Optionen erscheinen, wählen wir lieber Lunte und Benzinkanister. Bevor wir im Angesicht der Ohnmacht resignieren, machen wir uns unermüdlich daran, diese Welt in Flammen zu setzen. Und weil bekanntlich Beton nicht brennt, geben wir uns vorerst mit einer Trafostation, welche diese Baustellen für die Business-Avantgarde der Zukunft mit Strom versorgen zufrieden. Leider blieb es uns nicht vergönnt dem Feuerchen beizuwohnen und die Pressestelle der Bullen schweigt dazu. Dass sich an dieser Stelle wo wir unsere Brandsätze platziert haben seither eine eingezäunte Baustelle befindet, könnte jedoch als Indiz für das Gelingen unseres Handelns gedeutet werden. Auf das dieser Angriff die Schöpfer*innen des Kreuzberg-Valley daran erinnert, dass ihr Tun mit ein bisschen Kreativität und Entschlossenheit jederzeit gestört und unterbrochen werden kann.

Diejenigen, die die Schnauze voll haben müssen sich nur finden und zusammenschließen. Die anstehenden Räumungen von Projekten und Arbeits-Kollektiven, aber auch die nach dem Wegfalls des Corona-bedingten, vorübergehenden Räumungsstopps zu erwartende Flut an Kündigungen, wären dafür sicher geeignete Anlässe. Dabei sollten wir keinerlei Hoffnung in den vorgegebenen Rahmen staatlich legitimierten Protests setzen, sondern vielmehr auf die Möglichkeit von selbstbestimmten, unkontrollierbaren Momenten des kollektiven Gegenangriffs vertrauen. Wir sehen uns auf der Straße!

Ps: Unser nächtliches Feuer soll auch als Geburtstagsgrüße für die Liebig34 zu ihrem 30 jährigen Bestehen, das am vergangenen Wochenende gefeiert wurde verstanden werden. Alles Gute!

Warum da?

Am Moritzplatz enstehen zur Zeit die beiden Gewerbehöfe „The Shelf“ und „The Grid“. Diese werden von der Pandion AG entwickelt und realisiert und sind bereits während der Bauphase jeweils an einen Immobilienfonds der DWS verkauft worden. Hauptmieter von The Shelf wird das Start-Up HelloFresh das einst unter finanzieller Beteiligung von Rocket Internet gegründet wurde. Rocket Internet, die Firma der schleimigen Samwer-Brüder ist dabei kein Unbekannter in Kreuzberg. In den letzten Jahren kauften diese dutzende Immobilien im Kiez und sind aktiv an Verdrängungsprozessen beteiligt. HelloFresh will in dem Neubau eine Zentrale mit 600 Mitarbeiter*innen errichten. The Grid soll zur Hälfte an das IT-Unternehmen Adesso Se vermietet werden. Dieses Unternehmen bietet IT-Dienstleistungen vor allem für Versicherungen, Banken und Finazdienstleister, Öffentliche Verwaltung und mehr. Von Adesso entwickelte Software kommt bei Firmen der Sicherheitsindustrie wie Bosch, Rüstungsunternehmen wie EADS oder der Commerzbank zum Einsatz. Beide Bauvorhaben reihen sich ein in die massive Umstrukturierung rund um den Moritzplatz und werden die Preisentwicklung im Kiez weiter zuspitzen. Das die Ansiedlung von Unternehmen aus der Tech-Industrie an solchen Standorten Arbeitsplätze schaffen würde, gehört zu den Lügenmärchen von Politik und Wirtschaft. Im besten Fall springt für die Anwohner*innen vielleicht ein Putzjob raus, wobei fragwürdig ist ob man sich mit solch einem Gehalt dann langfristig noch eine Wohnung in der Gegend leisten könnte. Eine gute Nachbarschaft jedenfalls sieht anders aus.

Quelle: Indymedia (Tor), Spiegelung (Tor)

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